Skip to content

Mehr junge Leute auf den Wahllisten /// Im Wort-Interview

Elisabeth Margue im Wort-Interview


Selbstbewusst erheben Nachwuchspolitiker zurzeit ihre Stimmen. Junge Sozialisten verlangen mehr Gehör und Einfluss, junge Liberale drängen darauf, sich basisdemokratischer aufzustellen. Die Mitglieder von Jugendparteien wollen sich behaupten, raus aus der Warteschleife. So auch bei den Christlich-Sozialen. Denn die Zwanzig- und Dreißigjährigen wittern ihre große Chance für die Landeswahlen, nachdem die Mutterpartei, die CSV, die letzten fünf Jahre die harte Oppositionsbank gedrückt hat. CSJ-Präsidentin Elisabeth Margue erzählt.


Elisabeth Margue, schreiben die CSJler – anders als andere Jungpolitiker – keine Briefe an die Mutterpartei?
Wir machen es halt nicht öffentlich.


Also gibt es Mitteilungsbedarf?
Nun, wir möchten, dass die Partei mehr junge Leute auf den Wahllisten aufstellt. Dafür haben wir uns bei der Parteispitze eingesetzt. Die regionalen Vorstände haben in einer ersten Runde 45 Kandidaten zurückbehalten, allerdings sind nicht viele Nachwuchspolitiker dabei. Wir wünschen uns ein starkes Signal, das die Erneuerung der Partei widerspiegelt.


Was erhofft sich die CSJ vom Weisenrat, der die letzten 15 Kandidaten designiert?
Die regionalen Vorstände haben in der ersten Phase fünf CSJ-Mitglieder zurückbehalten*. Wir wünschen uns, dass nun mindestens fünf weitere junge Leute einen Platz auf den Listen erhalten.


Also doppelt so viele?
Ja, denn es gibt keinen Grund, wieso die Partei ihr Versprechen nicht einlösen sollte. Die Parteispitze hat betont, dass sie die jungen Leute mehr einbeziehen will. Nun kann sie zeigen, was Sache ist. Bei den letzten Landeswahlen waren übrigens neun junge Kandidaten auf den CSV-Listen. Eine kleine Steigerung ist durchaus möglich. Um so mehr, weil der Nachwuchs bei den jüngsten Gemeindewahlen ganz gute Ergebnisse eingefahren hat.


In der ersten Runde konnten potenzielle Kandidaten eine Anfrage beim Bezirksvorstand einreichen. Haben die jungen Christlich-Sozialen ausdrücklich Interesse angemeldet?
Wir haben als Unterorganisation eine Liste mit Wunschkandidaten eingereicht, und ein Maximum getan. Die Bezirkspräsidenten haben nun einige unterstützt. Fairerweise muss man auch sagen: Die Statuten der CSV legen nahe, dass ein Drittel der Kandidaten jünger als 40 Jahre ist. Die Mitgliedschaft in der CSJ ist aufs Alter von 33 Jahren beschränkt. Es gibt also durchaus junge Leute auf den Listen, aber nicht alle sind CSJler.


Wird diese Empfehlung, die ja keine Verpflichtung ist, von mindestens einem Drittel Kandidaten unter 40 Jahren zum jetzigen Zeitpunkt erfüllt?
Davon sind wir noch weit entfernt. Es ist eine „Soll“-Klausel. Der CSV würde es gut zu Gesicht stehen, wenn diese eingelöst wird. Denn die jungen Leute bringen sich sehr ein.


Und die jungen Leute können, so wie eine reifere Parteikollegin von sich selbst sagte, „alles machen“?
Das würde ich nicht so formulieren. Die jungen Christlich-Sozialen sind äußerst motiviert, sie haben viele, neue Ideen. Wir wollen diese Ideen ins Wahlprogramm einfließen lassen.


Welche Ideen?
Wir haben zum Beispiel beim Grundsatzprogramm der CSV viele Referenzen zur Digitalisierung und zur Zukunft der Arbeit eingebracht. Uns liegt auch die digitale Bildung am Herzen, sowohl in den Schulen als auch in der Weiterbildung von Arbeitnehmern. Dafür müssen wir zusammen neue Lösungen ausarbeiten. Generell sehen wir, dass es viele Herausforderungen für die kommenden Generationen gibt. Stichwort: Erderwärmung, Rentensystem, stabile Staatsfinanzen…


Der Staatshaushalt beschäftigt die Jugend?
Natürlich stellen wir uns viele Fragen. Die Dreierkoalition ist finanzielle Verpflichtungen eingegangen, die wir nicht teilen können und die künftigen Haushalte vorbelasten. Unsere Generation wird die Lasten tragen müssen. Und darüber hinaus, können wir die Augen nicht vor der Rentenfrage verschließen. Wir fahren hier regelrecht gegen die Wand, wenn nichts unternommen wird.


Wie positioniert sich die CSJ in der Wachstumsfrage?
Wirtschaftswachstum ist wichtig, aber nicht um jeden Preis. Wir müssen die Lebensqualität erhalten. Wachstum trägt dazu bei, unser Sozialsystem abzusichern, und zugleich spüren wir die Folgen auf dem Wohnungsmarkt und in der Mobilität. Als Christlich-Soziale wollen wir demnach sicherstellen, dass das Umfeld günstig für die Unternehmen bleibt, besonders für Klein- und Mittelbetriebe, und zugleich unsere natürlichen Ressourcen schonen. Eine offene, sozial starke und verantwortungsvolle Haltung gehört denn auch zu unserem Leitbild.


Inwiefern spricht eine konservative Partei junge Leute an?

Unser Motto lautet: Fortschritt durch Evolution, und eben nicht durch Revolution. Wir wollen nicht alles umwälzen, sondernbevorzugen eine besonnene, werteorientierte Vorgehensweise. Es geht um Toleranz, Solidarität zwischen den Generationen, Eigenverantwortung… Eine konservative Partei spricht sehr wohl junge Leute an. Denn traditionsbewusst handeln zeugt auch von Verantwortung.


Wie gut lassen sich Gewohnheiten ändern und ältere Kollegen umstimmen?
Ich glaube, die Partei hat sich in der Opposition sehr wohl in Frage gestellt. Das war positiv. Junge Mitglieder können und sollen hier einen wichtigen Beitrag leisten. Die CSJ spielt eine wichtige Rolle in der Partei und wird auch wahrgenommen.


Sie sagen also, dass die Zeit in der Opposition der CSV gut getan hat?
Die Art und Weise, wie es zu diesem Wechsel kam, war schmerzhaft. Nun hat die Partei diese Zeit allerdings genutzt, um sich neu aufzustellen. Wesentliche Fragen konnten in einem Erneuerungsprozess aufgearbeitet werden, und darauf kommt es an.


In einer Analyse hatten Anfang 2015 Marc Glesener und Marc Thewes, dazu geraten, das Selbstverständnis der Regierungsverantwortung abzulegen und zu einer neuen Diskussionskultur aufgerufen. Wie würden Sie die aktuelle Situation beschreiben?
Die Statutenänderung hat die Mitbestimmung gefördert. Die Partei setzt auch verstärkt auf Mitgliederbefragungen und Foren. Insgesamt pflegt die CSV eine offene Haltung, weil man auch aus der Vergangenheit Lehren gezogen hat.


Zurzeit sagen die Wahlprognosen einen positiven Trend für die CSV voraus. Dennoch: Was würde die CSJ empfehlen, wenn die Partei am 14. Oktober weniger als die aktuellen 23 Abgeordnetenmandate erhält?
Wir könnten dann wohl kaum darauf beharren, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Arithmetisch würde das wahrscheinlich auch bedeuten, dass die anderen Parteien die Koalition fortsetzen könnten. Jedenfalls müssten wir uns dann ernsthaft in Frage stellen.


Was halten die jungen Christlich-Sozialen davon, schon vor den Wahlen Koalitionspräferenzen bekannt zu geben?
Der Wähler entscheidet, welcher Partei oder welchen Kandidaten er sein Vertrauen schenkt. Dafür zieht jede Partei mit ihren eigenen Überzeugungen ins Rennen, und anschließend werden Übereinstimmungen auf Basis des Wahlergebnisses gesucht. Ich finde es also persönlich richtig, dass jeder sagt, was er tun möchte, ohne im Voraus Koalitionen zu schmieden. Ich stelle allerdings fest, dass manch einer im Jahr 2013 beteuert hat, nicht Premier werden zu wollen oder der CSV vorgeworfen hat, Schreckgespenster an die Wand zu malen, und dann völlig anders gehandelt wurde…


Wovon träumen die jungen Christlich-Sozialen? Wünschen sie sich ein ministerielles Ressort?
Was wir uns vorstellen, ist das eine. Das andere ist die Entscheidung der Partei, wenn es so weit ist. Für uns zählt zuerst, wie die CSV ihre Listen aufstellt und die Erneuerung unterstützt. Wir haben viele gute, neue Leute. Die Gemeindewahlen haben gezeigt, dass wir es als Team schaffen können. Und die Wähler haben sich auch für neue Gesichter ausgesprochen.

 


* Fünf junge Christlich-Soziale sind bereits für die Wahllisten der CSV nominiert:
Im Bezirk Zentrum: Elisabeth Margue, CSJ-Präsidentin und Gemeinderätin in der Hauptstadt; Fred Ternes, erster Schöffe in Niederanven; Vincent Reding, Schöffe in Weiler-la-Tour.
Im Bezirk Süden: Christian Weis, Gemeinderat in Esch-Alzette.
Im Bezirk Osten: Stéphanie Weydert, erster Schöffe in Rosport-Mompach
Im Bezirk Norden: (kein CSJler)

 

Interview:  Bérengère Beffort /// Quelle Luxemburger Wort (3. Februar 2018)