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Stellungnahme der CSJ zum Mandat für einen neuen EU-Grundlagenvertrag

Stillstand vermieden

Das am 21. und 22. Juni von den europäischen Staats- und Regierungschefs ausgehandelte Mandat für einen überarbeiteten EU-Grundlagenvertrag löst bei der CSJ keine Welle der Begeisterung sondern bestenfalls der Erleichterung aus.


Der Brüsseler Kompromisstext ist, wie so häufig in der Europäischen Union, nur das Resultat des politisch Machbaren, doch die CSJ ist davon überzeugt, dass er für eine gesteigerte Handlungsfähigkeit der Union sorgen wird. Dass Europa sich nun zwar langsam aber sicher wieder nach vorne bewegt, ist der Tatsache zu verdanken, dass die wesentlichen Substanzelemente des Verfassungsvertrags von 2004 gerettet werden konnten.

So begrüßt die CSJ ausdrücklich, dass u.a. die EU-Grundrechtcharta rechtsverbindlich wird (auch wenn dies für Großbritannien leider nicht der Fall sein wird), der EU die Rechtspersönlichkeit zugesprochen wird, Europa einen gestärkten Außenbeauftragten und einen auf zweieinhalb Jahren gewählten Vorsitzenden der Regierungschefs bekommt, die EU-Kommission entschlackt wird, das Abstimmungsprinzip der doppelten Mehrheitsentscheidung ab 2014 bzw. 2017 eingeführt wird, die Initiativen der EU-Kommission in Zukunft auf ihre soziale Verträglichkeit hin überprüft werden, ein europaweites Bürgerbegehren geschaffen wird und die Union sich weiterhin als Ziel nicht ausschließlich das Streben nach einer wirtschaftlichen sondern auch einer politischen Gemeinschaft setzt.

Besser als Nizza aber schlechter als der Verfassungsvertrag

Die Erleichterung über den Erhalt dieser für die EU lebenswichtigen Errungenschaften kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass der Reformkompromiss zwar deutlich besser als jener von Nizza ist aber im Vergleich zum Verfassungsvertrag undurchsichtiger und komplizierter sein wird. Erstaunlich ist dies an sich nicht, wenn man in Betracht zieht, dass die EU nun einmal ein sehr komplexes und einmaliges Gebilde ist, das den Erwartungen und Forderungen seiner 27 Mitgliedstaaten gerecht werden muss. Und dennoch hätte sich die CSJ einen transparenteren und vor allem ehrgeizigeren Text gewünscht, der Europas Stellung in einer sich rasant entwickelnden Welt stärker gefestigt hätte.

Besonders betrüblich findet die CSJ das Verhalten der Regierungen einiger Mitgliedstaaten, welches offenkundig dem gemeinschaftlichen Geist, der dem Projekt Europa zugrunde liegt, nicht gerecht wurde. Die Vehemenz, mit welcher die Vertreter dieser Mitgliedstaaten ihre nationalen Interessen zur Geltung brachten barg eine neue Qualität. Natürlich ist es legitim, ureigene Interessen zu verteidigen. Im europäischen Einigungsprozess gibt es jedoch Entscheidungsmomente, in denen das Wohlergehen der ganzen Gemeinschaft über die nationalstaatlichen Interessen gestellt werden müsste, auch im langfristigen Interesse der Bürger jener Mitgliedstaaten deren Regierungen sich euroskeptischer zeigen. Mit diesem basarähnlichen Geschachere wurde dem Ansehen der EU sicherlich kein Dienst geleistet. Da auch festgehalten wurde, dass integrationswilligere Staaten sich zu verstärkter Kooperation zusammenfinden können, ohne daran von anderen gehindert werden zu können, könnte sich das versteifte Beharren mancher Regierungen auf Vorteilspositionen zu Ungunsten ihrer Bevölkerung auswirken, die von Initiativen verstärkter Kooperation bis auf Weiteres ausgeschlossen bleiben.

Um der EU schnell einen neue Vertragsbasis zu geben, fordert die CSJ die ab Juli tagende Regierungskonferenz auf, ihr Brüsseler Mandat zu respektieren und nur noch letzte Detailfragen zu klären, ohne dabei die Kernelemente des Reformvertrages anzurühren. Außerdem hofft die CSJ, dass die Regierungskonferenz ihre Arbeit bis Herbst abgeschlossen hat damit anschließend der Ratifizierungsprozess des neuen Vertrages beginnt und möglichst schnell abgeschlossen werden kann.

Mehr Dialog mit den Bürgern

Am allerwichtigsten erscheint der CSJ aber, dass verstärkt der Dialog mit den Bürgern, der auch hier zu Lande ausbaufähig ist, gesucht wird. Nach dem Referendum von Juli 2005 war versprochen worden, dass die Diskussion über Europa in Zukunft ganz oben auf der Prioritätenliste stehen werde. Abgesehen von einigen guten Diskussionsansätzen sind Politik und Zivilgesellschaft nicht mit der notwendigen Vehemenz an ihren guten Vorsatz von damals herangegangen.

Die CSJ fordert deshalb alle auf, sich an ihre Worte zu erinnern und ihnen deutlich erkennbare Taten folgen zu lassen. Auch die christlich soziale Jugend wird ihren Teil dazu beisteuern, dass die EU wieder den Weg in den Alltag der Bürger zurückfindet. Die CSJ glaubt weiterhin fest an die europäische Idee und wird ihre ganze Kraft aufbringen, damit die EU nicht zu einer reinen Wirtschaftszone verkommt sondern sich weiter zu einer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wertegemeinschaft entwickelt, die auch für die nachfolgenden Generationen als Garant für eine lebenswerte Zukunft gelten kann.

Luxemburg, den 2. Juli 2007