All das hat mit dazu beigetragen, dass die Christlich-Sozialen bei den Jungwählern dieses Mal gepunktet haben wie nie zuvor. Ginge es nach den 18- bis 24-Jährigen, das Modell Oberösterreich wäre in Luxemburg spruchreif: 40 Prozent wählten am Sonntag CSV, 20 Prozent die Grünen. Sie dürften mit am meisten enttäuscht sein, wenn auf dieser Schiene demnächst nicht mehr zustande kommt als ein Pro-forma-Smalltalk für die Galerie.
Leitartikel Lëtzebuerger Journal; Samstag, 19. Juni 2004
Zeit der Bilanz
Vor einer Woche hätten so manche Politiker nicht einmal im Traum daran gedacht, dass sie tags darauf sozusagen in den siebten Himmel aufsteigen würden.
Ebenso wenig konnten andere damit rechnen, dass ihnen die Wahl eine ihrer empfindlichsten Niederlagen bereiten würde.
Seit Sonntag wird nun über die unterschiedlichen Ursachen des für viele sehr seltsamen Wählerverdikts nachgedacht, den niemand in diesem Ausmaß voraus ahnte, außer den Demoskopen, aber die hatte keiner ernst nehmen wollen.
Die Verluste der Liberalen werden inzwischen sogar von politischen Gegnern denn doch als zu hoch angesehen.
Dies mag tröstlich klingen, ist im Nachhinein aber wenig hilfreich.
Als einzig erfreuliches Phänomen ist auf die denn doch beachtlichen persönlichen Resultate zu verweisen, die von den Spitzenpolitikern erzielt wurden, woraus abzuleiten ist, dass ihre Glaubwürdigkeit nicht in Frage gestellt ist.
So konnte Lydie Polfer im Bezirk Zentrum ihren persönlichen Stimmenanteil von 20 110 in 1999 auf nunmehr 23 717 ausbauen.
Auch Anne Brasseur verzeichnete einen starken Zuwachs und kam von 11 205 (1999) jetzt auf 14 866 persönliche Stimmen.
Ein àhnlich gutes Wahlergebnis erzielte Charles Goerens, der 15 008 Stimmen auf seinen Namen vereinigen konnte, gegenüber 12 248 in 1999.
Henri Grethen baute seine persönlichen Stimmen von 10 927 auf 12 072 aus, und Carlo Wagner erzielte sogar 6 092 Zähler, gegenüber 3 592 vor fünf Jahren.
Diese Beispiele beweisen, dass das Ansehen wichtiger liberaler Politiker nach wie vor hoch im Kurs steht, auch im Vergleich zu andern Spitzenpolitikern, woraus sich neue Hoffnungen schöpfen lassen für nächste Wahlgänge.
Es ist somit nicht alles schlecht und schief gelaufen bei der DP, auch wenn das Gesamtresultat maßlos enttäuscht.
Der Erfolg der CSV und nicht etwa ein Wiedererwachen der LSAP bedeutete die Niederlage der DP.
Die LSAP war lediglich Nutzniesser der Uneinigkeit unter Alt- und Neukommunisten, allerdings in sehr geringem Ausmaß.
Kollegin Yolande Kieffer meinte gestern auf RTL in ihrer carte blanche, die Christlich-Sozialen hätten es zuwege gebracht, sich in den vergangenen Jahren wesentlich zu verändern, “no bannen wéi och no baussen”.
Die Modernisierungsaktion der CSV wurde auch im Luxemburger Wort von Pierre Lorang gewürdigt, der hervorhob, “dass die Christlich-Sozialen bei den Jungwählern dieses Mal gepunktet haben wie nie zuvor”.
Diese Entwicklung ist im Auge zu behalten.
Zumal die CSV-Jugendorganisation – die früher verächtlich als eine Art Altherren-Club geltende CSJ – einen erheblichen Anteil an diesem Verjüngungsprozess hat.
Die Publizisten der CSV legen übrigens besonderen Wert darauf zu vermitteln, dass der Triumph ihrer Partei nicht ausschließlich das Werk ihres Herolds Jean-Claude Juncker ist.
Damit meinen sie nicht einmal die in bislang nie gekanntem Ausmaß gewährte Schützenhilfe, die das Luxemburger Wort gewährte.
Rob Roemen